Das ELFEN-Spieltags-Interview mit Anne Pochert, Trainerin FC Carl Zeiss Jena
„Wir gehen ohne Druck ins Spiel“
Jede Woche vor einem Spieltag der FLYERALARM Frauen-Bundesliga spricht ELFEN-Redakteur Felix Maier mit einer Trainerin, einem Trainer, Spielerin oder anderen Personen aus dem Umfeld der Vereine über eine Partie am Wochenende. Egal, ob Titelrennen oder Abstiegskampf – wir fragen nach!
Heute im Gespräch: Anne Pochert // Trainerin FC Carl Zeiss Jena
Jena wartet noch auf den ersten Sieg in der Liga – jetzt kommt Wolfsburg: Eigentlich nichts zu verlieren, oder?
Wir gehen ohne Druck ins Spiel, das stimmt. Aber auch schon zuletzt gegen den FC Bayern haben wir ein bisschen was verändert und uns schon gut verkauft. Wir versuchen immer offensiv anzulaufen, gegen die Münchnerinnen standen wir obendrein defensiv kompakter. Vielleicht haben wir uns trotzdem ein bisschen zu sehr hinten reindrängen lassen. Trotz des vermeintlich klaren 0:3 haben wir uns mit diesem Auftritt viel Selbstvertrauen geholt. So oder so werden wir ein Spiel gegen ein Champions League-Team wie Wolfsburg genießen.
Gegen Teams wie Werder Bremen wäre mehr als das 1:1 drin gewesen – machen genau diese engen Matches Ihnen und dem Team Mut oder frustriert die zu geringe Ausbeute?
Sowas macht schon Mut. Gegen Bremen wie auch gegen Sand hatten wir die besseren Chancen, da wäre mehr drin gewesen. Aber weg mit dem Konjunktiv. Meine Idee ist es so Fußball spielen zu lassen, dass die jungen Spielerinnen viele Ballaktionen haben und sie weiter auszubilden und zu verbessern. Nicht nur zu reagieren. Das nehmen die Spielerinnen auch gut an, das merke ich dann auch an ihrer Entwicklung. Die Stimmung bei uns ist zudem gut, nicht die eines Vorletzten.
Sie sind die einzige Trainerin der FLYERALARM Frauen-Bundesliga: Wie finden Sie diesen Umstand? Fühlen Sie sich als Pionierin?
Das werde ich oft gefragt, ob ich da eine Exotin bin oder mich als solche sehe. Ich finde den bloßen Umstand traurig und bedenklich. Da ist eventuell die Ausbildung zur Trainerin aktuell nicht geeignet genug. Ich versuche, als positives Beispiel voranzugehen.
Warum sind sie die Ausnahme?
Das ist schwer zu beurteilen. Der Druck ist auf dem Niveau natürlich sehr hoch. Es ist schwer für Frauen in ihrer Lebensplanung. Ich bin 35 Jahre alt und noch ohne Familie, habe mich so für diesen Weg entschieden. Ich kann aber gut verstehen, wenn das in anderen Fällen schwieriger ist.
Ihr Team ist sehr jung, mit Julia Arnold läuft gerade mal eine Spielerin über 30 auf, sehen Sie da ein Problem oder eher eine Chance auf Entwicklung?
Beides. Es ist ein Spagat, genauso wie mit dem Pressing in der Offensive und der defensiven Kompaktheit. Wir haben als Carl Zeiss Jena da vielleicht bei der Kaderplanung in der Altersstruktur gerade in der Breite des Kaders nicht alles richtig gemacht. Ausfälle von erfahreneren Spielerinnen können wir nicht eins zu eins mit zwei 18-Jährigen in der Innenverteidigung kompensieren. Aber grundsätzlich wollen und werden wir diesen Weg, auf die jungen Talente zu setzten, weitergehen. Wir sind auch mit der Entwicklung der Spielerinnen sehr zufrieden, bis hierhin.
Wolfsburg spielt Champions League, gegen Bayern habt ihr euch recht achtbar beim 0:3 geschlagen, wie geht ihr in dieses Spiel an, in dem ein Punktgewinn so unmöglich scheint?
Wir haben uns intern für die Saison als Team klare Ziele gesetzt. Die sollen auch intern bleiben. Aber grundsätzlich müssen wir einfach unsere Aufgaben machen. Gegen Bayern war das schon gut und der richtige nächste Schritt. Wir müssen aber unsere Fehler abstellen, dann geht das auch gegen den amtierenden Meister aus München nicht 0:3 aus, sondern wird knapper. Wir wollen mehr Nadelstiche setzten und schnell und zielgerichtet kontern. Das wollen wir jetzt gegen Wolfsburg besser machen. Dann kann an einem guten Tag einiges passieren.
Die Partie in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga:
VfL Wolfsburg – FC Carl Zeiss Jena
Sonntag, 05.12.2021, 13:00 Uhr, Live bei MagentaSport