Zeigen, was möglich ist! – Vanessa Fischer

Vanessa Fischer wurde am 18.04.1998 in Frankfurt an der Oder geboren und spielt schon seit der B-Jugend für Turbine Potsdam. In der abgelaufenen Spielzeit machte die 24-Jährige 12 Ligaspiele und eine Partie in der Regionalliga für ihren Club. Während der Saison und gerade im Vorlauf auf das DFB-Pokalfinale bereitete sich Fischer gemeinsam mit Sven Schimmel auf Herausforderungen, Rückschläge und Drucksituationen gezielt vor. In ELFEN #9 haben wir die Arbeit von Schimmel vorgestellt – hier wird die Sichtweise von Vanessa Fischer im ausführlichen Interview beleuchtet.

Vanessa Fischer // imago images/foto2press

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Mentales Training bei Sportlerinnen und Sportlern ist noch immer ein etwas negativ behaftetes Thema – warum?

Ich glaube es gehört schon einiges dazu, sich als Spielerin diese Hilfe zu holen. Das ist zwar nichts schlimmes, doch mag das einfach nicht jede Spielerin, dass bekannt wird, dass sie mit einem Mentalcoach zusammenarbeitet. Man muss da immer darauf schauen, wie das nach außen wirkt. Da bekommt man schon oft direkt zu hören, ob man nicht irgendwelche Probleme hätte. Davor haben viele einfach eine gewisse Angst.

Weist du woher das kommt?

Es fehlt da an vielen Ecken und Enden an Aufklärung. Ein Mentalcoach ist nicht gleichzusetzen mit einem Arzt oder einem Psychologen. Es gibt in dem Bereich auch Performance-Coaches. Das sind für sich alles komplett andere Ansätze und Herangehensweisen. Beispielsweise glaube ich, dass ich zu einem Psychologen gehen würde, wenn ich in dem Sinne krank bin – Sven, als Mentalcoach, unterstützt mich dabei meine Leistung zu optimieren.

Geht es dann aber in der Arbeit mit Sven um Probleme, die du hast oder wie nähert ihr euch dieser Leistungsoptimierung an?

Um Probleme geht es tatsächlich überhaupt nicht. Es ging bei mir erstmal darum, wie ich mich bisher in gewissen Situationen verhalten habe, wie auch Druck oder Unsicherheiten reagiert habe. Damit beschäftigen wir uns und dann geht es darum sozusagen auf die Leistungen auf dem Feld das i-Tüpfelchen zu setzen. Es geht darum: Ich bin jetzt da und wie komme ich dahin, wo ich noch besser werde.

Hast du schon länger Erfahrung mit dem Thema mentales Coaching oder hat dich Sven dahingehend ein erstes Mal auf die Reise mitgenommen?

Ich finde an sich das Thema tatsächlich schon länger sehr spannend und rückblickend bin ich den Schritt, mir diese mentale Hilfe zu holen, zu spät gegangen. Seit der Winterpause der Saison 2021/22 konnte ich mit Sven zusammenarbeiten und zu dem Zeitpunkt war ich schon in einer Phase, in der ich mit mir und meinen Leistungen nicht zufrieden war. Ich war in einem gewissen Strudel, bei Turbine gab es immer wieder Wechsel auf meiner Position und ich bin da einfach nicht mehr rausgekommen. In dem Moment dachte ich, es wäre der richtige Zeitpunkt andere Sichtweisen auf meine Situation einzuholen. Für mich war dann schnell zu Beginn der bisher größte Aha-Moment, dass ich verstanden habe, dass nicht der Trainer oder andere im Verein Schuld sind. Ich kann nichts an dem ändern, was andere machen, ich kann nur ändern, was ich mache.

Was genau hat Sven grade in dieser Anfangszeit an Input an dich gebracht?

Ein schöner Satz, den Sven oft anbringt ist: Selbst bei einem perfekten Spiel wirst du einen finden, der das komplett anders sieht. Wichtig ist allein, wie ich damit umgehe und meine Leistung einschätze. Was der Trainer oder andere Personen von außerhalb damit machen, liegt nicht in meiner Hand.

Ist es also in der Arbeit mit Sven so, dass einfach Erfahrungen ausgetauscht werden, er einem solche Sätze wie eben mitgibt oder wie läuft die Zusammenarbeit?

So ungefähr. Ich hatte mit Sven eine gewissen Anzahl an Sessions, in denen bestimmte Themen be- und angesprochen werden. Am Anfang haben wir erst einmal viel über meine Situation gesprochen, wie ich mich fühle, worüber ich mir Gedanken mache oder was mich beschäftigt. Dann kam Sven mit einigen Eckpunkten, an denen er gerne gezielt arbeiten würde. Als dann Svens und meine Vorstellung von diesen Punkten, an denen wir arbeiten wollen, übereinstimmte, haben wir uns für jede Session eines dieser Themen vorgenommen. Nach den Sessions habe ich immer noch etwas für mich mitbekommen, was ich in der Zeit zwischen den Sessions machen sollte.

Ist die Arbeit dann immer so auf Sessions geplant und vorbereitet?

Nicht unbedingt, nein. Wenn im Training oder in einem Spiel etwas passiert, mich negative Gedanken beschäftigen oder ich auch einfach nur über etwas sprechen möchte, war Sven immer erreichbar. Vor allem direkt vor einem Spiel hat mir Sven öfter noch ein paar Worte mit auf den Weg gegeben, wenn ich nervös oder unsicher war. Ehrlich gesagt war Sven eigentlich zu 24 Stunden für mich erreichbar.

Gab es dann von Sven auch Ansätze, die bei dir nicht angekommen sind?

Grundsätzlich bin und war ich für alles, was Sven angeboten hat offen. Wenn ich in die Zusammenarbeit gegangen wäre und den festen Gedanken gehabt hätte, dass alles was ich so mache, so richtig ist, wäre wenig dabei rausgekommen. Klar muss ich Dinge, die Sven mir mitgibt annehmen und umsetzten, teilweise fällt mir das auch heute noch schwer. Mir haben schon immer visuelle Ansätze sehr geholfen, auch in der Schule schon. Wenn ich dann in gewissen Situationen etwas sehe, was mich zurückholt, hilft mir das deutlich mehr als zum Beispiel Audio-Reize.

Bei dir also visuell – was gibt es noch für Ansätze?

Da gibt es eigentlich alles. Man kann da über Gerüche gehen, vor dem Spiel spezielle Audio-Dateien hören oder auch andere Sachen. Vor dem Spiel mache ich das auch, also mir bestimmte Sachen anhören, im Spiel oder in Drucksituationen selbst brauche ich aber eher einen visuellen Reiz.

Bezieht sich das nur auf Situationen an oder um einen Spieltag?

Nein. Mit besonderem Augenmerk habe ich mit Sven daran gearbeitet, wie ich mit Situationen im Trainingsalltag umgehe. Wenn da sonst Dinge nicht gut oder perfekt gelaufen sind, habe ich mich sehr davon beeinflussen lassen und war schnell ein Stück weit verbissen. Ich habe nur die eine schlechte Aktion gesehen, was mich mental schon mitgenommen hat. Da haben wir schon intensiv angesetzt und ich habe mittlerweile verstanden, dass ich nicht beeinflussen kann, ob mein Trainer die eine schlechte Aktion oder drei andere bessere sieht und bewertet. Es geht in der Trainingswoche darum, dass ich mich gut auf das Wochenende vorbereite.

Hilft es da, dass Sven selbst Fußball-Profi war?

Ich glaube schon, vor allem auch, weil mentale Gründe mit entscheidend dafür waren, dass er seine Karriere beendet hat. Er hatte ähnliche Schwierigkeiten, wie viele Spielerinnen oder auch ich. Er versteht unter welchem Druck man stehen kann oder eher unter welchen Druck man sich in diesem Beruf selbst setzte.

Kommen wir zu dem, worauf euch Sven im Speziellen vorbereitet hat – das DFB-Pokalfinale. Hat sich im Vorlauf des Spiels etwas geändert in der Zusammenarbeit?

Das DFB-Pokalfinale war erst einmal ein Stück weit etwas besonderes. Wir haben uns da in der Vorbereitung aber auch nicht zu sehr beeinflussen lassen oder haben das Spiel zu hoch gehängt. Vor oder direkt am Spieltag war sicherlich die Kommunikation nochmal vermehrt, doch an sich hatten wir unsere Strategien erarbeitet und letztendlich war es auch „nur“ ein Fußballspiel.

Eine sehr gesunde Einstellung dem Druck gegenüber. Gab es im Vorfeld Ansätze, die greifen sollten, wenn ihr das Spiel verliert?

Wir haben da im Vorfeld schon drüber gesprochen, wollten das aber auch bewusst erst nach dem Spiel behandeln. Erst wenn es soweit ist.

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